Das Dojo…
… ist der Ort (Jo), an dem der Weg (Do) geübt wird. Die Übung des Weges (Geiko) gewinnt an Inhalt und Klarheit, wenn es eine ehrliche Verbundenheit zwischen Wegschüler (Deshi) und Dojo gibt. Deshalb ist in der Weglehre (Oshi) das Dojo kein Trainingsraum, sondern ein heiliger Ort, den man auch noch „Raum der Erleuchtung“ nennt. Die Bezeichnung Dojo bezieht sich auf den Raum, in dem die Übung stattfindet, doch sie steht symbolisch für die Beziehungstiefe eines Übenden zu seiner Kunst.
Ursprünglich kommt der Begriff Dojo aus dem Buddhismus und bezeichnete einen Ort der Selbstfindung und der Meditation. Später veränderte er seine Bedeutung, und man verstand darunter den Ort, an dem die Kampfkünste geübt werden. Der Sinn jedoch blieb derselbe. Für jeden ernsthaft Übenden ist das Dojo auch heute eine Stätte der Meditation und Konzentration, ein geehrter Ort des Lernens, der Brüderlichkeit, der Freundschaft und des gegenseitigen Respektes. Es ist mehr als nur ein Begriff – es steht symbolisch für den Weg der Kampfkunst.
Bedeutung des Dojo
Im philosophischen Verständnis kann sich der Begriff Dojo auf jeden Ort beziehen, an dem ein Mensch im Sinne des Budo seinen Geist und Körper in der Wegübung konzentriert. Darüber hinaus jedoch kennzeichnet die Art der Beziehung, die ein Übender zu seinem eigenen Dojo unterhält, seine Bemühung um gerechtes Denken und gerechtes Verhalten. Die rechte Beziehung zum Dojo ist ein Teil der Wegübung selbst. Sie besteht aus dem Streben, durch selbstlose Hingabe dem Geist des Budo zu dienen und den persönlichen Fortschritt, den ein Übender in einem Dojo macht, durch ehrliche Wertbezeugung wieder auszugleichen.
Für einen echten Wegschüler (Deshi) ist sein Dojo ein zweites Zuhause. Durch eine solche Dojo-Beziehung entsteht ein ausgleichender Wert, durch den der Einzelne reifen und der Budo-Geist (Shin) im Dojo gedeihn kann. Egoistische Menschen, die ein Dojo nur als Trainingsraum nutzen, können daran nicht teilhaben. Ein Dojo lebt durch die Zugeständnisse seiner Übenden an das Ideal der Kampfkunst. Nur auf diese Weise findet ein Übender den Zugang zum Weg.
In jedem Dojo gibt es einen Sensei und mehrere Fortgeschrittene (Sempai), von denen manche selbst Meister sind. Die Schüler eines Dojo, die die Kampfkünste lernen wollen, zählen erst dann zum Kreis der Wegschüler (Yudansha), wenn sie die tiefe Bedeutung der Dojo-Beziehung (Shitei) durch ihre Haltung (Shisei) verstehen und achten gelernt haben. Es gibt keine Fortgeschrittenen, die von einem Dojo mehr nehmen, als sie geben. In diesem Punkt unterscheiden sich die Dojo des Weges von den Sporthallen. Die körperliche Übung (Shosa) kann dieselbe sein, doch erst die rechte Haltung (Shisei) ermöglicht Fortschritt auf dem Weg.
Quelle: Zitat aus „Ostasiatische Kampfkünste, Das Lexikon“, Werner Lind, Sport-Verlag Berlin